hamlet ist tot. keine schwerkraft: Presse.

Das Schauspiel am Luzerner Theater beginnt randständig. Wieder findet die Saisoneröffnung im UG statt, der Studiobühne im Keller des Stadthauses. Dabei kann sich die Schweizer Erstaufführung von Ewald Palmetshofers „hamlet ist tot. keine schwerkraft“ sehen lassen. Der 30-jährige Österreicher Palmetshofer ist nicht zufällig bei der Kritikerumfrage von „theater heute“ zum Nachwuchsdramatiker des Jahres gekürt worden. Jungregisseur Hannes Rudolph, der sein Handwerk auch am Zürcher Schauspielhaus lernte, inszeniert vorzüglich. Und das Ensemble überzeugt. So adrett und niedlich sind die Vorgärten von Tobias Schunck im schlauchartigen UG geschickt hintereinandergereiht, dass gleich Schlimmstes zu befürchten ist. Eine Kleinbürgeridylle mit Kunstrasen, Begonienschalen, Grill und geblümtem Plastiktischtuch. Aber Palmetshofer lässt dem Unheil Zeit. Und verschafft sich und seinen Figuren so die Möglichkeit zu reden, reden, reden. Ein Sprach- und Sprechstück ist zu sehen, gut österreichisches Traditionshandwerk, und es schmälert Palmetshofers Talent nicht, wenn man ab und zu an Werner Schwab und Thomas Bernhard denkt. Beim Begräbnis des gemeinsamen Jugendfreundes Hannes hat man sich wieder getroffen. Die Geschwister Mani und Dani und das Pärchen Bine und Oli. Fast nicht einkriegen kann sich Bine (Daniela Britt) über das Wiedersehen, sie strahlt mit den Scheinwerfern um die Wette, während ihr Oli (Manuel Kühne) eifrig nickt dazu. Nachdenklicher, schattierter wirken Dani (Samia von Arx), die an der Liebe verzweifelt und Mani (Samuel Zumbühl), der über den leeren Himmel räsoniert und das Leben mathematisch fassen möchte. Words, words, words. Dieser Hamlet redet immer noch viel, aber um die Welt einrenken zu wollen, fehlt ihm alle Kraft, auch die Schwerkraft. Mani ist lebend tot. Und am Ende, nach 90 Minuten, wenn sich Ehebruch, Mord und Inzest schaurig häufen, auch noch wirklich. Da fallen dann die verschiedenen Ebenen des Stücks zusammen und mit dem kunstvollen Meta-Meta-Meta ist Schluss. Die Katastrophe herrscht wortlos. Der Zuschauer, der viel gelacht hat, bleibt nicht unberührt - ganz anders als bei der Uraufführung am Wiener Schauspielhaus, die in Palmetshofers Porträt seiner hilflosen Generation und deren jämmerlichen Eltern nur eine Spießersatire sah. In Luzern ist zu sehen, was in dem Stück wirklich steckt. Peter Müller, Tagesanzeiger 22.09.08


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